Wenn Angehörige von Menschen mit einer Demenzerkrankung das formelle Helfernetz nicht allein zu koordinieren vermögen und im Kanton Zug wohnen, können sie sich an AMNESIA-Zug wenden. Diese Anlaufstelle für alle, die sich um Menschen mit einer Demenzerkrankung sorgen, unterstützt sie professionell dabei, ein Helfernetz für sich und den von ihnen betreuten Menschen mit Demenz aufzubauen. Die Evaluation des Angebots fällt sehr positiv aus.
Menschen mit einer Demenzerkrankung möchten, wie die meisten älteren Menschen, so lange wie möglich in ihrer angestammten Wohnung in vertrauter Umgebung leben. In der Regel möchten die Angehörigen ihnen diesen Wunsch auch erfüllen. Zu Beginn ihrer Erkrankung brauchen die Menschen punktuell Unterstützung, was die meisten Angehörigen gut leisten können. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung nehmen die Anforderungen an die betreuenden Angehörigen aber kontinuierlich zu. Viele Angehörige kommen im Verlauf dieses Prozesses an ihre physischen und psychischen Grenzen, weil sie als Ehepartner*in des erkrankten Menschen selber schon älter sind oder weil sie als (Schwieger-)Kinder die Betreuung des erkrankten Elternteils mit ihren eigenen familiären und beruflichen Verpflichtungen unter einen Hut bringen müssen. In einer Situation, in der die Angehörigen an den Rand ihrer Kräfte kommen, ist für sie der Aufbau eines entlastenden Helfernetzes eine grosse zusätzliche Herausforderung, die schnell zur Überforderung werden kann. Angehörige, welche die Grenze ihrer Belastbarkeit überschreiten, haben ein hohes Risiko, selbst physisch und psychisch zu erkranken. Der an Demenz erkrankte Mensch muss unter diesen Umständen dann häufig notfallmässig in eine Institution der Langzeitpflege umziehen.
Um die Gesundheit der Angehörigen und damit auch das Wohlergehen der Menschen mit einer Demenzerkrankung zu fördern, wurde im Kanton Zug von 2016-2020 das Pilotprojekt «AMNESIA-Zug – eine Anlaufstelle für alle, die sich um Menschen mit Demenz sorgen» durchgeführt. Es sollte die oben illustrierte Lücke im Versorgungsnetz schliessen und das bestehende Angebot ergänzen, ohne es zu konkurrenzieren. Zwei Kernelemente des Projektes befördern das Erreichen dieser Ziele:
- Niederschwelligkeit: Alle Personen, die sich um einen demenzkranken Menschen sorgen, können sich per Telefon oder E-mail an AMNESIA-Zug wenden. Dort treffen sie auf fachlich kompetente und einfühlsame Mitarbeiter*innen, die sich bei einem Hausbesuch ein Bild der Situation machen oder die Angehörigen in den Räumen von AMNESIA-Zug beraten.
- Helferkonferenz: Die Anliegen der ratsuchenden Personen werden in die 14-täglich stattfindende Helferkonferenz eingebracht. Teilnehmende Organisationen der Helferkonferenz sind die Spitex Kanton Zug, das Tagesheim des Pflegezentrums Baar, Pro Senectute, der Entlastungsdient des Schweizerischen Roten Kreuzes und Alzheimer Zug. Die Helferkonferenzen ermöglichen zeitnah die Einleitung effektiver, fachlich passender und koordiniert geplanter Massnahmen zur Entlastung der Angehörigen und Unterstützung des demenzkranken Menschen.
Das Institut Alter evaluierte das Angebot und kam unter anderem in Interviews mit verschiedenen involvierten Personen zum Schluss, dass mit AMNESIA-Zug ein Angebot geschaffen wurde, das auf ein Bedürfnis bei Angehörigen stösst, …
«AMNESIA-Zug als Koordinationsstelle, das war für mich auch ein Entscheidungsfaktor. Ich wusste ja, es gibt Spitex, es gibt Pro Senectute, es gibt das SRK… Ja aber zu wem soll ich jetzt? Und dass AMNESIA-Zug wirklich so eine Dachfunktion übernimmt als Anlaufstelle und einem dann die Richtung oder die Wege zeigt oder Organisationen empfiehlt, die für die speziellen Bereiche in Frage kommen, das war für mich eine unglaubliche Erleichterung.»
Eine Tochter eines demenzkranken Menschen
… die bestehende Versorgung gut ergänzt und koordiniert …
«Ich denke es ist auch wirklich einfacher, wenn jemand anderes das Case Management übernimmt. Also ich habe gar nicht die Kapazität für das und das ist in dem Sinn auch gar nicht meine Aufgabe. Ich denke, von dem her ist es wirklich einfacher, wenn wir die Patient*innen an AMNESIA-Zug verweisen können. Das ist auch eine Entlastung für uns.»
Ein Hausarzt
… und Sparpotenzial für das Gesundheitswesen beinhaltet.
«Schlussendlich werden längerfristig Kosten gespart, weil Notfalleinweisungen verhindert und Heimeintritte verzögert werden können.»
Ein Vertreter der Zuger Politik
Die von der Familie Larsson-Rosenquist Stiftung finanzierte Pilotphase von AMNESIA-Zug wurde Ende 2020 abgeschlossen, und das Angebot konnte über das Psychiatriekonkordat Triaplus in die Regelversorgung des Kantons Zug integriert werden. Die Stiftung dokumentiert die Grundlagen, Erfahrungen und Evaluationsergebnisse zum Projekt in einem Handbuch, das sie der Öffentlichkeit frei zur Verfügung stellt, damit ähnliche Angebote in anderen Kantonen und Regionen entstehen können.
Kontakt:
Projekte und Partner:
Literatur und weiterführende Links:
0 Kommentare