Die Sozialpädagogische Familienbegleitung stärken

Foto: istock Ridofranz

Viele Familien in der Schweiz erhalten Unterstützung durch Fachpersonen, um den Schutz der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten und die Eltern zu befähigen. Kontrollierende Aspekte und Finanzierungsfragen können das Arbeitsbündnis jedoch gefährden. Daher setzen sich Partner*innen aus Praxis und Forschung für die Weiterentwicklung der Qualitätsstandards ein.

Die Sozialpädagogische Familienbegleitung (SPF) stellt in der Schweiz die häufigste ambulante Leistung der Kinder- und Jugendhilfe dar. Fachpersonen unterstützen Familien bei alltäglichen Herausforderungen und fördern die individuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. In der Regel erfolgen SPF-Massnahmen entweder auf freiwilliger Basis oder durch behördliche Anordnung, z.B. durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB). Im Kanton Bern belegen die Datenberichte des Kantonalen Jugendamtes, dass die Zahl der erbrachten SPF-Dienstleistungen in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Trotz dieses Bedeutungszuwachses zeigen aktuelle Studien, dass die nachhaltige Wirkung der SPF nicht immer gewährleistet ist. So könnte das Selbsthilfepotenzial von Familien besser aktiviert oder die Vertrauensbildung zwischen Fachpersonen und den begleiteten Familien gestärkt werden.

Im Spannungsfeld zwischen Befähigung und Kontrolle

Kritische Rückmeldungen aus der Praxis zur Nachhaltigkeit von SPF veranlassten ein BFH-Forschungsteam, eine explorative Studie zu den Zielsetzungen von SPF-Massnahmen durchzuführen. Zu diesem Zweck wurden vier leitfadengestützte Interviews mit Behördenmitarbeiter*innen und SPF-Fachpersonen aus dem Kanton Bern geführt und anschliessend mit einer thematischen Analyse ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass SPF-Massnahmen oftmals eine Kontrollfunktion beinhalten. Diese hat einen präventiven Charakter und soll gewährleisten, dass Fachpersonen Einblicke in Familien erhalten und schnell auf Krisensituationen reagieren können. Diesem Vorgehen liegt oftmals ein Sicherheitsbedürfnis der anordnenden Behörde zugrunde, welche die Entwicklung der Familiensituation im Auge behalten möchte. Dieser Kontrollauftrag ist nicht das primäre Ziel von SPF-Massnahmen. Und das eigentliche Ziel der Befähigung der Familie kann dazu gar im Widerspruch stehen.

Arbeitsbündnisse stärken…

Die Aussagen der interviewten Personen verdeutlichen, dass die Kontrollen Widerstände bei der begleiteten Familie hervorrufen können. Diese Widerstände können sich negativ auf ihre Arbeitsbeziehung zu den SPF-Fachpersonen auswirken und eine Verschlechterung der Situation herbeiführen. Um Vertrauen aufzubauen und Brüche im Arbeitsbündnis zu verhindern, ist es aus Sicht der Interviewpartner*innen unerlässlich, den Familien den Kontrollauftrag transparent zu erklären und als ein klares Ziel der Massnahme auszuformulieren.

Ein weiterer Faktor, der die Zusammenarbeit mit den Eltern beeinflussen kann, ist die Finanzierung der Massnahme. Müssen Eltern einen hohen Anteil der Kosten selbst leisten, brechen sie die Massnahme zuweilen ab, weil sie die Kosten nicht tragen möchten, selbst wenn sie die Notwendigkeit der Massnahme grundsätzlich anerkennen. Die Eltern können dadurch in eine Situation gebracht werden, in der sie zwischen finanziellen Argumenten und dem Wohl ihres Kindes abwägen müssen.

… und Qualitätsstandards weiterentwickeln

Es ist somit entscheidend, dass die finanziellen und inhaltlichen Rahmenbedingungen von SPF-Massnahmen mit Kontrollfunktion klar definiert werden. Der Forschungsstand zeigt, dass schweizweit kaum Ergebnisse zum Umgang damit vorliegen. Ein geplantes Folgeprojekt soll daher gemeinsam mit Partner*innen aus der Praxis vertiefte Kenntnisse erarbeiten. Dabei steht die Frage im Zentrum, wann entsprechende Aufträge angeordnet und verlängert werden sollen und wie mit dem Spannungsfeld umzugehen ist. Auf Basis dieser Erkenntnisse könnte danach ein Praxisleitfaden zur Weiterentwicklung und Implementierung verbindlicher Qualitätsstandards erarbeitet werden.

 


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